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Vatikan


Auf die Frage, ob der Bericht des Ausschusses über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche darauf hinauslaufe, dem Vatikan eine Verletzung der UNO-Kinderrechtskonvention vorzuwerfen, sagte die Vorsitzende des Kinderrechtskomitees, Kirsten Sandberg: „Meine einfache Antwort ist: Ja, es gibt eine Verletzung der Konvention, denn sie haben nicht alles getan, was sie hätten tun müssen.“
Kirsten Sandberg

Verbindliche Regeln gefordert

Die Experten des Komitees bemängeln in dem Bericht, dass Sexualstraftäter in der katholischen Kirche in der Praxis straflos bleiben könnten. Sie fordern daher verbindliche Regeln im Kirchenrecht, die Kinder künftig besser vor Missbrauch in katholischen Institutionen weltweit schützen sollen. Der Vatikan wird außerdem aufgefordert, Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche öffentlich zu untersuchen und überführte Täter der Justiz zu übergeben.

Geistliche seien einem Schweigekodex unterworfen worden, heißt es in dem Bericht, damit sie sich nicht an die Polizei wendeten. Zugleich werde mit der Versetzung von Tätern in andere Pfarreien oder andere Länder versucht, Verbrechen zu vertuschen.

In seiner beispiellosen Kritik an der Kirchenführung in Rom äußert das Komitee zugleich seine „tiefe Besorgnis“ darüber, dass der Heilige Stuhl das Ausmaß der Verbrechen nicht anerkenne und nicht die erforderlichen Maßnahmen ergreife, um solche Fälle zu verhindern. Stattdessen führten die Richtlinien und Vorgaben dazu, dass der Missbrauch weitergehe und Täter straflos blieben.
Vatikan reagiert scharf

Der Vatikan reagierte am Mittwoch scharf auf den UNO-Bericht. Der Botschafter des Kirchenstaats bei den Vereinten Nationen, Erzbischof Silvano Tomasi, bezeichnete den Bericht auf Radio Vatikan als „verzerrt, unfair und ideologisch voreingenommen“. Außerdem äußerte Tomasi den Verdacht, die Stellungnahme des Komitees zum jüngsten Kinderschutzbericht des Heiligen Stuhls sei bereits vor dessen Sichtung vorbereitet gewesen.

Die Beurteilung sei nicht auf der Höhe der aktuellen Situation, so Tomasi gegenüber Radio Vatikan. Sie berücksichtige nicht die Maßnahmen, die sowohl der Vatikanstaat als auch die nationalen Bischofskonferenzen zum Schutz von Minderjährigen gegen Missbrauch längst ergriffen hätten. Damit erweise das Komitee den Vereinten Nationen keinen guten Dienst, so Tomasi - mehr dazu in Vatikan-Botschafter: Kinderschutzbericht unzulänglich.
„Versuchte Einmischung“ in Kirchenlehre

Der Vatikan sagte in einer Erklärung am Mittwoch eine gründliche Auswertung des Berichts zu, warf der UNO aber gleichzeitig Einmischung in die katholische Morallehre vor, da in dem Bericht auch die Positionen zu Homosexualität, Empfängnisverhütung und Abtreibung kritisiert werden.

So verwies Sandberg etwa auf frühere Äußerungen der Kirche zur Homosexualität, die zu Stigmatisierung und zu Gewalt gegen homosexuelle Jugendliche beigetragen hätten. Sie zitierte zudem einen Fall aus Brasilien, bei dem ein Arzt 2009 bei einer vergewaltigten Neunjährigen eine lebensnotwendige Abtreibung vorgenommen hatte. Ein katholischer Erzbischof habe den Mediziner und die Mutter des Mädchens öffentlich verurteilt.

Schon bei einer Anhörung in Genf am 16. Jänner hatten die UNO-Experten dem Vatikan vorgeworfen, Details über das Ausmaß von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche unter Verschluss zu halten. Vertreter des Kirchenstaats hatten betont, der Vatikan gehe mit aller Kraft gegen Missbrauchsfälle vor.
„Der Heilige Stuhl hat’s kapiert“

Der maltesische Bischof Charles Scicluna, früherer Strafverfolger bei der Glaubenskongregation, räumte dabei ein, es gebe „bestimmte Dinge, die man anders machen muss“, etwa hinsichtlich der Vertuschung von Pädophiliefällen. Insgesamt sei die katholische Kirche aber auf einem guten Weg. „Der Heilige Stuhl hat’s kapiert“, sagte Scicluna dem Komitee laut Medienberichten.

Tomasi verwies bei der Anhörung auf eine von Papst Franziskus angekündigte Kinderschutzkommission, die weitere Vorschläge erarbeiten solle. Die katholische Kirche wolle ein „Vorbild“ auf diesem Feld werden. Zugleich betonte er die rechtliche Eigenständigkeit der katholischen Ortskirchen, die ein zentrales Vorgehen vom Vatikan aus oft nicht zulasse.
Insgesamt 4.000 Fälle nach Rom gemeldet

Der Vatikan hatte es im Dezember abgelehnt, dem UNCRC auf im Juli 2013 übermittelte Fragen zu antworten, in welchen Missbrauchsfällen die Glaubenskongregation des Vatikans derzeit ermittelt. Insgesamt wurden von den Diözesen in den vergangenen Jahren rund 4.000 Fälle an die Glaubenskongregation weitergeleitet. Kritiker werfen dem Vatikan vor, mit seinem Schweigen die Missbrauchsvorwürfe gegen Kirchenmitarbeiter vertuschen zu wollen, doch der Vatikan erklärt, dadurch Zeugen und Opfer schützen zu wollen.