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Michaels Gedanken

... wieder mal am Sonntagabend eine Montagsmeditation. Morgen wird es bei mir einfach ein bisschen "wuselig". Darum heute Abend schon den "post" ...

Der Faszination, die von kleinen Kindern ausgeht, kann sich kaum jemand entziehen ... von den ersten Versuchen Dinge an zu greifen, zu begreifen oder in den Mund zu stecken, bis hin zu den ersten unsicheren Schritten.

So ganz können wir uns von diesem frühen Lebensstadium nicht lösen. Auch im Erwachsenenalter geht es um Begreifen ... nicht mehr so sehr handgreiflich, aber mit Verstand. Begreifen oder dann eben verstehen, was und wer wir sind und was mit uns und um uns herum passiert.

Der Dichter Novalis sagt: „Ganz begreifen werden wir uns nie, aber wir werden und können uns weit mehr als begreifen!“

Wir werden! Wo etwas wird, da ist vorher schon etwas geworden, was sich weiter entwickelt. Jüdische Weisheit sagt dazu: „Das Geheimnis von Erlösung ist Erinnerung!“

Erinnerung ... wie die Wurzel einer Pflanze. Eine Gewächs, das seine Wurzel vergisst, kann nicht weiterwachsen und sich entwickeln.

Im Rückblick, in Erinnerung liegt die Chance zu Begreifen, Leben in Begriffe zu fassen ... nicht endgültig, aber für den Moment. Im Wissen um ein Vorher, das Jetzt und das Erwarten von Zukunft wird Leben zu einem Weg und nicht zu einer Momentaufnahme.

Die Begrenzung von leben auf Momente ist der Boden von Angst ... Angst vor Zukunft, Angst vor dem, was ich gerade an mir und meiner Welt wahrnehme oder auch Angst, weil Vergangenheit zur Last wird oder einfach besser war ... Begrenzung auf Momente ermöglicht Extrem(e)(ismus) und Fanatismus ... all das, was unsere Welt momentan so prägt.

Auf diesem Hintergrund bekommt das Segenswort aus Gen 12 noch einmal Bedeutung und Wert: „Ich bin mit dir und ich segne dich!“

Gott ist ein Gott, der mit uns unterwegs ist und der gut über das Werden spricht, der unserem Werden vertraut.

Mit diesem Vertrauen im Rücken dürfen wir uns den Fragen nach dem Woher, dem Jetzt und dem Wohin stellen und aus dieser neuen Woche ein Stück Lebensweg machen.

Ganz liebe Grüße

Michael

Es würde alles besser gehen, wenn man mehr ginge.
(Johann Gottfried Seume)

Mobilität ist gefordert und macht rasend schnell. Es geht von A nach B in immer kürzeren Zeitabständen. Oft genug reden wir davon, dass die Seele erst noch nachkommen muss, während wir schon da sind ... zumindest körperlich.

Gehen entschleunigt, da können sich Gedanken und Gefühle klären, Details werden sichtbar, Perspektiven verändern sich nachvollziehbar.

Mobilität aber nicht nur nach Außen. Auch innerlich ist Mobilität gefragt. Je schneller das Leben zu werden scheint, desto schneller ist Um- und Neudenken wichtig und desto größer ist auch die Versuchung sich irgendwo festhalten zu wollen, irgendwie unbeweglich zu werden.

Auf Positionen beharren ... das haben wir in den letzten Monaten hier in Deutschland immer wieder mal erlebt ... bei den Bediensteten der Bahn oder zuletzt bei der Lufthansa. Da hat es lange gedauert, bis Positionen sich verändern konnten. Wenn es keine Bewegung gibt, dann gibt es auch keine Lösungen.

Sich in Bewegung setzen ermöglicht Lösungen ...

So sieht das auch der Psalmist:

Wohl den Menschen, die Kraft finden in dir, wenn sie sich auf den Weg machen
Ziehen sie durch das trostlose Tal, wird es für sie zum Quellgrund und Frühregen hüllt es in Segen.
Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft; dann schauen sie Gott. (nach Ps 84)

Leben als Wallfahrt, immer wieder die richtige Geschwindigkeit suchen und finden und gemeinsam mit Gott und den Menschen unterwegs sein.

Sich bewegen ... auf andere zugehen oder auch wieder zugehen, damit es eine gute Woche wird.

Ja, es kommt immer wieder mal vor, dass ich aus der Puste komme. Das liegt nicht nur an mangelnder sportlicher Betätigung und Übung. Mir geht der Atem aus, wenn sich Arbeiten oder Prozesse viel zu lange hinziehen und ich den Spaß oder den Glauben verliere. Das passiert auch, wenn Leben zu hektisch wird, zu viel auf einmal passiert und meine Aufmerksamkeit fordert. Und das kommt vor, wenn das gänzlich Unerwartete eintritt. Da muss ich dann schon durchschnaufen und wieder zu Luft kommen.

Die Bibelkonkordanz gibt insgesamt 49 Stellen an, in denen es um den (Lebens-)Atem geht.

Gottes Geist hat mich erschaffen, der Atem des Allmächtigen mir das Leben gegeben. (Hiob 33,4)

Verbirgst du dein Gesicht, sind sie verstört; nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub der Erde. (Ps 104,29)

Als mir der Atem schwand, dachte ich an den Herrn und mein Gebet drang zu dir. (Jona 2,8)

Der Atem, Sitz des Lebens und Geschenk, ist nicht einfach mein Besitz oder meine Fähigkeit in Sachen Ausdauer. Der Atem ist der Strom göttlichen Lebens in mir und nicht einfach machbar. Wer versucht Atmung zu „machen“ kommt leicht außer Atem, verschluckt sich, kann nicht mehr richtig sprechen oder singen. Atmen bedeutet vielmehr sich auf den Rhythmus des Lebens einzulassen, Geschöpf sein und Leben mit mir passieren lassen.

„Ruhe im Innern, Ruhe im Äußern. Wieder Atem holen lernen. Das ist es. (Christian Morgenstern)

Die christlichen Traditionen des Ostens kennen das Gebet des Atems. Einatmen, Ausatmen, Atempause ... verbunden mit einem kurzen Gebetswort oder Stoßgebet.

Ich wünsche uns einen guten Atem in dieser Woche.

Ich war jezt 10 Tage mit einer Gruppe von unserer Schule zu einem Austauschprogramm in Spanien. Deswegen gab es am Montag keine neuen Gedanken, Jetzt geht es dann weiter. Heute schon die Gedanken für die kommende Woche ...

Alles Liebe

Michael

„Und je freier man atmet, je mehr lebt man!“

(Theodor Fontane)

Auch wenn wegen Fasching/Karneval morgen schulfrei ist und es keine gemeinsame Morgenmeditation gibt ...

Unser Weg durch das Jahr geht weiter mit Gedanken an Lebendigkeit ...
O Augenblick verweile doch, du bist so schön!
(Goethe, Faust I)

So hat Goethe im ersten Teil des Faust geschrieben und trifft dabei irgendwie unseren Nerv. Ja, in guten und schönen Momenten wünsch ich mir nichts anderes, als dass es so bleiben soll ... egal ob es um gelingende und erfolgreiche Arbeit geht oder um Erlebnisse mit Freunden und Familie.

Die bittere Wirklichkeit ist, dass ich nichts festhalten kann. Alles geht vorüber und vorbei und hinterlässt nur Spuren von Erinnerung.

Der gleiche Goethe sagt dann aber auch:
Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.

Der Prediger Kohelet schreibt im 3. Kapitel seines Buches, dass „alles seine Zeit hat“. Es gibt gute und auch schwierige Zeiten. Erfolgreiches Leben heißt danach nicht, immer auf der Sonnenseite zu stehen – erfolgreich ist, wer in den Wechseln von Zeiten und Umständen menschlich bleiben kann.

Wir dürfen uns den wechselnden Situationen dieser Woche stellen, mit dem Bemühen als Menschen mit Güte und Barmherzigkeit darauf zu antworten.

Eine gute Woche

Michael

Ja, es kommt immer wieder mal vor, dass ich aus der Puste komme. Das liegt nicht nur an mangelnder sportlicher Betätigung und Übung. Mir geht der Atem aus, wenn sich Arbeiten oder Prozesse viel zu lange hinziehen und ich den Spaß oder den Glauben verliere. Das passiert auch, wenn Leben zu hektisch wird, zu viel auf einmal passiert und meine Aufmerksamkeit fordert. Und das kommt vor, wenn das gänzlich Unerwartete eintritt. Da muss ich dann schon durchschnaufen und wieder zu Luft kommen.

Die Bibelkonkordanz gibt insgesamt 49 Stellen an, in denen es um den (Lebens-)Atem geht.

Gottes Geist hat mich erschaffen, der Atem des Allmächtigen mir das Leben gegeben. (Hiob 33,4)

Verbirgst du dein Gesicht, sind sie verstört; nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub der Erde. (Ps 104,29)

Als mir der Atem schwand, dachte ich an den Herrn und mein Gebet drang zu dir. (Jona 2,8)

Der Atem, Sitz des Lebens und Geschenk, ist nicht einfach mein Besitz oder meine Fähigkeit in Sachen Ausdauer. Der Atem ist der Strom göttlichen Lebens in mir und nicht einfach machbar. Wer versucht Atmung zu „machen“ kommt leicht außer Atem, verschluckt sich, kann nicht mehr richtig sprechen oder singen. Atmen bedeutet vielmehr sich auf den Rhythmus des Lebens einzulassen, Geschöpf sein und Leben mit mir passieren lassen.

„Ruhe im Innern, Ruhe im Äußern. Wieder Atem holen lernen. Das ist es. (Christian Morgenstern)

Die christlichen Traditionen des Ostens kennen das Gebet des Atems. Einatmen, Ausatmen, Atempause ... verbunden mit einem kurzen Gebetswort oder Stoßgebet.

Ich wünsche uns einen guten Atem in dieser Woche.

Das junge Paar war frisch verheiratet. Eines Tages beschloss die junge Frau, eine Lammkeule zu schmoren.
Bevor sie das Ganze in den Ofen schob, schnitt sie von der Keule das untere Stück ab und legte dann die zwei Teile nebeneinander in den Schmortopf.
Ihr Mann schaute ihr über die Schulter und fragte sie: “Warum machst du das?”

“Ich weiß nicht, aber meine Mutter machte das immer genau so.” war die Antwort.
Daraufhin fragte der Mann seine Schwiegermutter, warum sie das untere Stück der Keule abschnitt.
“Ich weiß nicht, aber meine Mutter machte das immer genau so.” antwortete die Schwiegermutter.

Die Großmutter war noch am Leben und so ging der Mann zu ihr und fragte auch sie, warum sie den unteren Teil der Lammkeule vor dem Schmoren abschnitt.
Und die Großmutter antwortet: “Ach, das hat einen ganz einfachen Grund: Mein Schmortopf war damals so klein, dass der ganze Braten einfach nicht hineinpasste.”
(aus Nancy Friday “Wie meine Mutter”, leicht geändert. Gefunden auf www.zeitzuleben.de)

Routinen und Gewohnheiten gehören zu uns notwendigerweise dazu. Sie geben Sicherheit. Manches ist uns so in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir gar nicht mehr wissen, warum wir so denken oder so handeln. Es ist einfach gelernt und angewöhnt.

Aufbruch und Unterwegssein, sich jedem Tag neu stellen fordert heraus sich frei zu machen für Neues, das werden will und kann. Evangelium erzählt davon sehr radikal. Der junge Mann, der Jesus nachfolgen will, soll alles, aber auch alles weggeben und dann mitgehen (Mt 19, 16-26).

Aufbruch – verbunden mit Vorfreude auf Neues vielleicht aber auch mit Wehmut über das, was zurückbleiben muss. Wir dürfen mit Vertrauen in diese neue Woche starten.

Liebe Grüße und eine gute Woche

Michael

Ab heute sind Osterferien!! Damit machen auch die Montagsmeditationen Pause. Es geht Anfang Mai weiter. Ich wünsche euch allen eine gesegnete Karwoche und frohe Ostern. Vielleicht kann der eine oder die andere ja auch ein paar freie Tage und Erholung genießen.

Alles Liebe

Michael

Der Traum von der Freiheit

Drei Freunde stehen beisammen und unterhalten sich über das Leben.

„Wisst Ihr“, sagt der eine, „in 10 Jahren werde ich 50. Dann möchte ich mich zur Ruhe setzen und das Leben nur noch genießen. Die Kinder sind versorgt, mein Ältester übernimmt meine Firma. Dann möchte ich mit meiner Frau verreisen, die Welt sehen, richtig lange unterwegs sein, Spaß haben, es mir gut gehen lassen. Bis dahin muss ich noch viel arbeiten, um mir alles zu ermöglichen. Doch dann bin ich endlich frei. Dann beginnt endlich das richtige Leben.“

Eine Woche später sagt ihm der Arzt, dass er Krebs hat.

Der andere denkt sich: Mensch, das Leben ist kurz und voller Überraschungen. Das soll mir nicht passieren. Ich werde es besser machen. Ich werde jetzt beginnen zu leben. Nicht später. Ich verkaufe die Firma sofort, ziehe in den Süden, verlasse meine Frau und suche mir eine hübsche junge Freundin. Ich werde all meine Träume jetzt sofort leben, all das, was ich immer schon wollte und mich nicht traute. Ich werde es jetzt tun.

Da kommt ein Bus vorbei und überfährt ihn.

Der dritte Mann hatte dem Gespräch still zugehört und das Geschehene still beobachtet. Er macht einfach weiter wie bisher. Er arbeitet und führt ein ganz gewöhnliches Leben.

Ein anderer fragt ihn: „Sag, hast du nicht Angst, dass dir das gleiche widerfährt, wie deinen Freunden? Willst du jetzt nicht auch dein Leben verändern und es noch besser machen?“

Der Mann lächelt, sieht den Wolken nach und antwortet nach einer Weile: „Ich wüsste nicht, wozu ich anders leben sollte, als ich es bisher tue. Ich wüsste nicht, wohin ich gehen sollte, um etwas zu suchen, was ich nicht ohnehin schon habe. Ich schließe die Augen und finde unendliche Freiheit. Ich schließe die Augen und finde sprudelndes Leben. Ich schließe die Augen und finde immense Zufriedenheit, Erfüllung und Glück. Ich schließe die Augen und finde Wahrheit. Ich schließe die Augen und finde mich. Sag mir, was mehr kann es geben?“

Asmita Pistorius


Ich wünsche mir und uns allen in dieser Woche solche Momente, in denen wir die Augen schießen können und Freiheit in uns erfahren. Freiheit, die sich von keiner Notwendigkeit oder Sorge bedrängen lässt und die uns dann Kraft gibt uns auch wieder dem Notwendigen zu stellen.

Eine der größten Feinde des Menschen ist die Routine. Sie vermindert Aufmerksamkeit. Auch das Unterwegssein durch das Jahr kann zur Routine werden. Aus aufmerksamem Gehen kann Gedankenlosigkeit werden oder Unaufmerksamkeit, weil alles sich schon auf das Ziel hin konzentriert .... die nächsten Ferien oder noch kürzer: der Blick auf zu erledigende Arbeitsetappen. Das können Quellen der Unaufmerksamkeit gegenüber dem Augenblick und der Blindheit für die Details eines jeden Momentes werden.

Der Psalmbeter weiß um diese Gefahren und er macht sein Gebet zu Staunen und bewusster Wahrnehmung.

Denn du hast mein Inneres geschaffen, /

mich gewoben im Schoß meiner Mutter.

Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. /

Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke. (Ps 139)



oder

Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, /

Mond und Sterne, die du befestigt:

Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, /

des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? (Ps 8)


Das Staunen bewahren, Details wahrnehmen!

Ich wünsche euch allen eine gute Woche

Unterwegs in eine neue Woche und unterwegs in unserem Leben ... dabei gilt es immer wieder zu akzeptieren, dass nicht alles perfekt ist oder perfekt gelingt. Nobody is perfect!

Wenn man beginnt, sich auf das Schöne, das Ästhetische zu achten, dann läuft man leicht Gefahr, sich in einer Jagd nach dem Perfekten zu verlieren. Als schön gilt ja oft nur noch das Vollkommene, das Makellose. Zu einem jeden von uns gehören aber die berühmten Schönheitsfehler. Ja, solche Unregelmäßigkeiten und Makel machen uns einzigartig und damit auch liebenswert. Wir sind keine Stangenware. Leben funktioniert nirgendwo nach dem Prinzip der Perfektion.

Mir fällt da immer wieder die Geschichte von Columbin des schweizer Schriftstellers Peter Bichsel ein:

Am Hofe gab es starke Leute und gescheite Leute, der König war ein König, die Mädchen waren schön und die Männer mutig, der Pfarrer fromm und die Küchenmagd fleißig – nur Columbin, Columbin war nichts. Wenn jemand sagte: „Komm Columbin, kämpf mit mir“, sagte Columbin: “Ich bin schwächer als du.“ Wenn jemand sagte: “Wie viel gibt zwei mal sieben?“, sagte Columbin: „Ich bin dümmer als du.“ Wenn jemand sagte: „Getraust du dich über den Bach zu springen?“, sagte Columbin: „Nein, ich getrau mich nicht.“ Und wenn der König fragte: “Columbin, was willst du werden?“, antwortete Columbin: „Ich will nichts werden, ich bin schon etwas, ich bin Columbin.“ (Peter Bichsel, Kindergeschichten, Suhrkamp Verlag, Ffm 1997)

Am Beginn der Bibel steht die Schöpfung und da heißt es: „Gott sah, dass es gut war!“ ... So wie wir sind, sind wir gut, gut genug. Wir dürfen auch unsere Macken und Fehler lieben lernen ... Herausforderung für diese Woche.

„Leute, die keine Fehler haben, haben auch sehr wenige Tugenden.“ – so wird Abraham Lincoln zitiert.

UnserBestreben ist immer Eindeutigkeit, das, was wir als gut und perfekt erkannt haben ... das, was ich für perfekt halte. Wissenschaftliches Bemühen zeigt, dass es 100% eigentlich gar nicht gibt. Sogenannte „Reinstoffe“ existieren nur in der Theorie, aber nicht in der Praxis.

An vielen Stellen begegnen sich unsere Logik und praktisches Leben fremdelnd, manchmal sogar unvereinbar. Es müsste eigentlich anders sein als es ist.

Dabei haben Fehler und Katastrophen Evolution erst möglich gemacht und auch biblische Geschichte erzählt so. Der Mensch und das Volk Israel als Symbol der Menschheit entwickeln sich durch Sünde und Katastrophen. Da herrscht nicht das Prinzip der Perfektion, sondern das Prinzip der Gnade, der Güte und des Wohlwollens. „There is a Crack in everything, that´s how light comes in!“ (Leonhard Cohen)


The birds they sang
at the break of day
Start again
I heard them say
Don't dwell on what
has passed away
or what is yet to be.

Ah the wars they will
be fought again
The holy dove
She will be caught again9
bought and sold
and bought again
the dove is never free.

Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack in everything
That's how the light gets in.



We asked for signs
the signs were sent:
the birth betrayed
the marriage spent
Yeah the widowhood
of every government --
signs for all to see.

I can't run no more
with that lawless crowd
while the killers in high places
say their prayers out loud.
But they've summoned, they've summoned up
a thundercloud
and they're going to hear from me.

Ring the bells that still can ring ...
You can add up the parts
but you won't have the sum
You can strike up the march

there is no drum
Every heart, every heart
to love will come
but like a refugee.
Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack, a crack in everything

That's how the light gets in.
Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack, a crack in everything
That's how the light gets in.
That's how the light gets in.
That's how the light gets in.



Die Vögel sangen
Im Morgengrauen
Fang nochmal an
Hörte ich sie krächzen
Verweile nicht bei dem
Was vergangen ist
Oder noch kommen wird

Ja, die Kriege werden
Weiter gehen
Die heilige Friedenstaube
Sie wird wieder eingefangen
Gekauft und verkauft
Und wieder gekauft werden
Sie wird nie frei sein.

Läute die Glocken, die noch klingen
Vergiss deine wohlfeilen Gaben
Da ist ein Riss, ein Riss in allem
Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt



Wir fragen nach Zeichen
Die Zeichen wurden geschickt
Die Geburt verraten
Die Ehe erloschen
Ja, es ist ein Witwenstand
In jeder Form der Regierung
Zeichen, die wir alle sehen können

Ich kann nicht mehr fortlaufen
Inmitten der gesetzlosen Masse
Während die Mörder in den oberen Etagen
Ihre Gebete lauthals plärren
Aber sie haben etwas heraufbeschworen
Einen Gewittersturm
Und sie werden noch von mir hören

Läute die Glocken, die noch klingen
Vergiss deine wohlfeilen Gaben
Da ist ein Riss, ein Riss in allem
Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt

Du kannst eins und eins zusammenzählen
Aber die Summe wirst du nie ziehen können
Du kannst zum Marsch aufrufen
Dazu bedarf es keiner Trommel
Jedes Herz, jedes Herz
Jedes liebende Herz wird herbeieilen
Wenn auch wie ein Flüchtling

Läute die Glocken, die noch klingen
Vergiss deine wohlfeilen Gaben
Da ist ein Riss, ein Riss in allem
Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt
Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt
Das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt

(Originaltext und Übersetzung von www.songtexte.com)

Das ist keine Geschichte von Puritanismus, sondern eine des Mit-Leidens und sich Anrührenlassens. Da ist ein Gott, der sich von der teilweise katastrophalen Geschichte seines Menschen berühren lässt und da sind Menschen, die vom Leben bewegt werden ... vom einfachen Hirten oder Bauern und Arbeiter, über Richter und Propheten bis hin zu Königen.



Unser Wort deutsches Wort Tugend hat seinen Ursprung im Wort taugen. Tauglich ist das, was sich bewährt . Tugend ist also nicht Perfektion, sondern die Fähigkeit sich in vielfältigen Lebensformen und Umständen zu bewähren.

Vielfalt wertschätzen, nach dem, was sich bewährt suchen – mein Wunsch für uns in dieser Arbeitswoche.

Michael

Feiertag Christi Himmelfahrt, Brückentag und Wochenende ... nach Abitur (Matura) mündlich und schriftlich und entsprechenden Korrekturarbeiten war hoffentlich für jeden Zeit der Ruhe und Erholung dabei.

Ruhe kann aber auch trügerisch sein. Schon die ersten christlichen Eremiten, die Wüstenväter, berichten in ihren Schriften, dass in der Stille der Kampf mit den Dämonen stattfindet. Dämonen, keine fliegenden Geister, die uns umgeben, Dämonen sind die Kritiker in uns selbst. Wenn es ruhig wird, dann werden diese Stimmen schnell mal laut, versuchen uns zu sagen, was alles nicht stimmt, wo wir eigenen und fremden Ansprüchen nicht genügen. Da kann die Stille stürmisch werden.

Der Psalmbeter gibt seine Antwort darauf: „Ich lebe in der Stille meines Hauses mit lauterem Herzen!“ (Ps 101,2) – Lauterkeit ... Einfachheit, Solidarität und auch Fairness (auch im Umgang mit sich selbst!) und Vertrauen. Den inneren Kritikern Vertrauen entgegensetzen. Über allem steht da noch Gottes Zusage: „Du bist mein geliebtes Kind!“ Gott sagt jedem von uns zu, dass er an uns glaubt. Diese Stimme ist wichtiger als alle Kritiker.

Der amerikanische Autor und Geschäftsmann Orisson Swett Marden gibt uns diese Zusage noch einmal verändert mit auf dem Weg in diese Woche: „Lass dir von niemandem, auch nicht von dir selbst, dein Selbstvertrauen rauben!“

Pfingstmontag ... Feiertag – und damit auch kein Morgengebet mit unseren Lehrern. Trotzdem schreibe ich ein paar Gedanken für diese Woche.

Mich hat in diesen Tagen ein Buch bewegt. Jürgen Wiebicke, Moderator in einem lokalen Rundfunksender (WDR), Agnostiker und Philosoph ( er moderiert „Philosophes Radio“), hat sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Er hat sich auf die Suche gemacht, was Menschen in unserer Region bewegt und verbindet. Sein Ausgangspunkt war: „So geht es nicht weiter!“ Das Ergebnis seines Weges hat er in einem Buch beschrieben: „Zu Fuß durch ein nervöses Land“.

Nervosität und dieses Gefühl, dass es so nicht weiter gehen kann, das teilen wohl viele von uns. Die Frage ist: Wie kann es anders gehen? oder Auf was müssen wir den achtgeben?

Es gibt viel, was uns nervös macht: die Unzuverlässigkeit ... Traditionen tragen nicht mehr so wie früher; mangelnde Solidarität ... jeder geht irgendwie seine eigenen Wege; soziale Ungleichheiten ... trotz viel Arbeit müssen viele auf jeden Cent schauen und können nicht einfach in Ruhe Leben; und dann die Frage nach der eigenen Identität ... Leere im eigenen Leben, die sich im „Kampf“ gegen entlädt ... gegen Islamisierung des christlichen Abendlandes oder gegen Überfremdung, aber immer irgendwie gegen etwas ...

Pfingsten ist da genau das richtige Fest! Es beginnt in der Krise. Die Freunde Jesu haben sich abgeschottet, verstecken sich oder sind sogar geflohen. Angst ist vorherrschend. Aber, es kommt der Tag, an dem sie begreifen, dass sie sich entscheiden müssen: für ihr Ideal oder für die Angst. Apostelgeschichte beschreibt diesen Tag stürmisch und feurig. Das Ergebnis ist, dass sie, als Jünger Jesu, sich verständlich machen können mit der Entscheidung für ihr Ideal. Sie sprechen von dem, was sie im tiefsten Herzen glauben und werden verstanden ... über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg. So entsteht Gemeinschaft und so entsteht Kirche.

Pfingsten ruft uns zur Besinnung auf. Das, was wir glauben ist wichtig und dazu stehend schaffen wir Gemeinschaft, vereinen wir Menschen, die sich verstehen und die zueinander stehen. Es geht weiter mit dem Inhalt unseres Glaubens, aber sicher in anderen Formen.

Ich wünsche uns für diese Woche neue Begeisterung für unsere Lebensinhalte und weniger Angst vor formalen Veränderungen.

Michael

„Einen Menschen lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat!“

(Fjodor M. Dostojewski)

Beim letzten Morgengebet haben wir auf die Dämonen, unsere inneren Kritiker geschaut ... all die Stimmen, die uns unsere Unzulänglichkeiten vorhalten. Diesen Stimmen steht Gottes Stimme, sein und unserer innerer Engel gegenüber. Dieser Engel listet gegen alle Kritik das auf, was wir gut gemacht haben, was uns bisher schon gelungen ist.

„Einen Menschen lieben heißt, ich so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat!“

Ein Mensch ... das ist der andere, aber das bin ich auch selbst. Ich darf auch auf mich selbst so schauen, wie Gott mich gemeint hat ... nämlich GUT!

Beten wir mit dem Psalmisten ...

Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich.
Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken.
Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du bist vertraut mit all meinen Wegen.

Noch liegt mir das Wort nicht auf der Zunge - du, Herr, kennst es bereits.
Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich.
Zu wunderbar ist für mich dieses Wissen, zu hoch, ich kann es nicht begreifen.

Wohin könnte ich fliehen vor deinem Geist, wohin mich vor deinem Angesicht flüchten?
Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen.
Nehme ich die Flügel des Morgenrots und lasse mich nieder am äußersten Meer,

auch dort wird deine Hand mich ergreifen und deine Rechte mich fassen.
Würde ich sagen: «Finsternis soll mich bedecken, statt Licht soll Nacht mich umgeben»,
auch die Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie Licht.

Denn du hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter.
Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.
Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen.

Deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war.
Wie schwierig sind für mich, o Gott, deine Gedanken, wie gewaltig ist ihre Zahl!
Wollte ich sie zählen, es wären mehr als der Sand. Käme ich bis zum Ende, wäre ich noch immer bei dir.

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne mein Denken!
Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg!

Für diese Woche wünsche ich uns diesen guten Blick auf uns selbst und auf den Anderen, der mit arbeitet oder uns begegnet.

In dich selbst Kehre zurück; im inneren Menschen wohnt die Wahrheit.

(Augustinus, Bischof von Hippo 4./5. Jahrhundert)

Selbstgespräche werden oft als Zeichen von Gestörtsein angesehen. Es ist aber eine Erfahrung, dass Ausgesprochenes den Schlüssel für die Lösung von Fragen und Schwierigkeiten mitliefert. Ich habe das oft erlebt, wenn Menschen beginnen zu erzählen, dann kommt im Reden auch die Lösung zu Tage. Da man ja nicht immer jemanden zum Zuhören findet, kann auch Selbstgespräch helfen. Im Hinhören auf die eigenen in Worte gefassten Gedanken kann Wahrheit deutlich werden. Nicht der andere löst Probleme, die Wahrheit liegt schon in meinem Inneren ... sie muss sich nur Gehör verschaffen.

Ich wünsche jedem von uns offene Ohren und den Mut sich selbst Ausdruck zu verschaffen.

In so manchen Büro, an so manchem Arbeitsplatz findet sich dieser Spruch irgendwo gut sichtbar angebracht: „Ich bin hier auf der Arbeit und nicht auf der Flucht!“

Ich will mich nicht hetzen lassen, obwohl es da etwas gibt, was mich zu Eile antreiben will ... Menschen, die etwas von mir erwarten oder auch die Arbeit selbst, die pünktlich erledigt sein will. Diese Situation ist so alt wie die Menschheit selbst.

Der Prophet Jesaja sagt seinem Volk: Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und... und Vertrauen verleihen euch Kraft. (Jes 30,15)

Vielleicht hat der franziskanische Philosoph und Theologe Raimundus Lullius im 12 Jahrhundert darüber nachgedacht und meditiert: „Wer Geduld hat, besitzt sich selbst!“

Es geht nicht um selbstzufriedene Langsamkeit oder uninteressierte Trägheit. Es geht um Vertrauen: Ich bin schon jemand! Ich bin von Gott geliebt, muss mich nicht erst selbst erfinden oder Wirklichkeit werden oder mich zuerst beweisen. Geduld kann nur der leben, der Vertrauen hat, der in sich selbst ruht und Stand hat. Geduld ist die Grundlage für Ausdauer und erhöht die Chancen, dass wir auf unserem Weg auch wirklich unser Ziel erreichen.



Ich wünsche uns solche Geduld und Ausdauer auf dem Weg durch diese Woche.

Wir haben den Weg durch die erste Jahreshälfte zurückgelegt. Die Montagsgedanken haben sich dabei an den Erfahrungen eines Jakobus-Pilgers orientiert, der ein Jahres-Wallfahrts-Programm für „zu Hause“ zusammengestellt hat.

Jetzt auf der Hälfte des Weges mahnt er Ruhe an und zitiert den Kirchenvater Basilius d. Gr.: „Ruhe ist für die Seele der Anfang der Reinigung!“

Wir haben diese Woche noch viele Aktivitäten vor uns, an Ruhe ist eigentlich nicht zu denken. Da es aber um eine Wallfahrt mitten im normalen Alltag geht, gibt es doch Wege zur Ruhe.

Mir fällt da zuerst der Prophet Elija ein. Die Konflikte mit dem Königshof Israels und den verschiedenen heidnischen Kulten treiben ihn in die Flucht. Er geht in die Wüste, um zu sterben und bekommt den Auftrag zum Gottesberg Horeb zu ziehen. Dort verbirgt er sich in einer Höhle und wartet auf die Begegnung mit Gott:



„Der Herr sagte: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle.“

(1 Kön 19, 11-13)



Ruhe hat nichts mit sich zerstreuen zu tun. Es geht nicht um Ablenkung und Vergessen von Alltag. Ruhe richtet neu aus, unterscheidet wichtig von unwichtig, reinigt von verwirrenden Gefühlen. Ruhe braucht Vertrauen! Mein Gott ist da!

In früheren Zeiten gab es in allen Häusern so einen Ort der Ruhe ... der „Herrgottswinkel“ oder einen Raum, der nur zu besonderen Anlässen genutzt wurde ... Solch einen Raum wieder einrichten ... für den Alltag. Und dann auch Ferien entsprechend gestalten ... Orte der Ruhe suchen, die nicht einfach nur zerstreuen.



Ich wünsche uns eine gute Woche und Wege, die uns an Ruhepunkte, an Orte der Begegnung mit Gott führen. Und dann wünsche ich uns jetzt schon gute und erholsame Ferien.

Ein paar Gedanken zur Fastenzeit ...

Fastenzeit

Zwischen Karneval und Osterfreut
sind vierzig Tage Fastenzeit.
Da jeder Mensch trägt Schuld und Lasten,
wird ihm nun nah' gelegt zu fasten.
Und außerdem soll ganz bescheiden
wer Mist gebaut hat Reue zeigen.
Gar schwierig ist die Christenpflicht
sich zu üben im Verzicht,
einen geeigneten Vorsatz zu finden
und sich daran wochenlang auch zu binden.
Es gibt gar viele Möglichkeiten
die man versuchen kann zu meiden.
Der Leber täte sicher wohl:
"Keinen Tropfen Alkohol!"
Doch sinnlos ist's, wenn man bestimmt
auch sonst ihn selten zu sich nimmt.
Beliebt ist auch noch beim Entbehren
bloß nichts Süßes zu verzehren
wenn dabei noch ins Auge sticht:
"Das wäre günstig fürs Gewicht!"
Doch darin Buße zu erkennen,
- Ich würd' das dann "Diät" eher nennen.
Ein Anderer könnt' sich zugestehen,
die nächste Zeit nicht fernzusehen.
Doch wenn er dafür ganz gewitzt
stundenlang am Computer sitzt,
frag ich mich, ob das gewiss
im Sinne des Erfinders ist.

Auch denk ich mir, welchen Sinn hat das Fasten,
wenn man danach wieder aufnimmt seine Lasten?
Sicherlich mag des Fastens Pein
uns lehren, wieder dankbarer zu sein.
Aber kann es uns nicht noch vielmehr heilen,
das, was wir haben, mit Anderen zu teilen?
Vielleicht will ja die Fastenzeit Gelegenheit schenken,
unser ganzes Leben mal neu zu überdenken.
Doch wie kann das alles funktionieren?
- Vielleicht hilft es ja, dazu die Bibel zu studieren.
Bei Joel les ich ganz gebannt:
"Zerreiß das Herz, nicht das Gewand!"
Ich seh, dass was da auch noch steht
ja gar nicht nur ums Fasten geht.
Da lädt Gott ein, dass wir es wagen,
zu ihm zu kommen mit Weinen und Klagen.
Damit wir vertrauensvoll vor ihn bringen
unser Tun, unser Scheitern, unser Kämpfen und Ringen.
Vielleicht ist es ja das, was der Fastenzeit
ihren tieferen Sinn verleiht?

Was wäre sonst, wenn Christus dann
zu Ostern uns erinnert daran,
dass er überwunden hat Tod und Leiden
und nun bei uns bleibet für alle Zeiten.
Wenn er fragen würde, was habt ihr unternommen,
um mir in der Fastenzeit näher zu kommen,
dieses Wunder immer mehr zu begreifen,
sich einzulassen, zu wachsen, zu reifen

und ich würd' nur sagen: "Ich hielt's für angemessen,
vierzig Tage lang keine Schokolade zu essen."...
(Kerstin Grünewald)


Mit lieben Grüßen

Michael

Gedanken vor und zu Ostern ... Kartage - Zeit des Weinens


Stille, ein stiller Tag, verordnet ... Respekt vor denen, die an christlicher Tradition und Praxis festhalten oder Bevormundung derer, die einen normalen Feiertag mit Fest und Feier wollen? Die Diskussion ist schon lange im Gange und bisher ohne Ergebnis oder Konsequenzen. – Eines ergibt sich aber jetzt schon! Der „in Frage gestellte“ Karfreitag fragt zurück! Warum feierst du heute bzw. auch warum eben nicht? Sind Tage wie der Karfreitag nur ein Relikt früherer Erziehung, ein Stück Kultur? Anerzogen oder ein archaisches Erbe? Normal menschlich oder ein Fall für Sigmund Freud und seine psychologischen Kollegen?

Kar-Woche, Kar-Freitag ... das hat sprachlich mit Weinen und Wehklagen zu tun. Gerade die letzten Monate und diese Woche machen uns mehr als deutlich, dass Leid eine Wirklichkeit unseres Alltags ist ... vor einem Jahr der verursachte Absturz der German-Wings-Maschine, Paris im November 2015 und Brüssel vor ein paar Tagen. Dazu kommen die täglichen Nachrichten von fliehenden Menschen, die bei ihrer Überfahrt von Afrika zu den ersten europäischen Inseln ihr Leben verlieren. Das Leiden und Sterben ist präsent. Da helfen auch unsere „globalen“ Anstrengungen nicht, Leid und Tod zur Privatsache zu machen. Man stirbt und wird beerdigt in aller Stille. Tod soll und darf unsere wirtschaftsorientiere Betriebsamkeit nicht stören. Wer so leidet, dass er nicht mehr arbeiten kann, der wird aussortiert und verschwindet in seiner Stille.

Karfreitag ... für uns Christen eng verbunden mit der Geschichte des Jesus von Nazareth, aber mehr als nur ein historisches Andenken. Dieser Tag konfrontiert uns mit der seit Jahrtausenden ungelösten Frage nach menschlichem Leid. Warum leiden? Wie damit umgehen?

An dieser Stelle macht auch eine „verordnete“ Stille Sinn. Es kommt niemand darum herum, sicher dieser Frage nach Leben und Tod, Glück und Leid zu stellen. Das hat nichts mit kirchlicher oder im weiteren Sinn religiöser Festgelegtheit zu tun. Gesellschaft darf sich einen Tag oder eine Woche im Jahr gönnen, um den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und wirtschaftliche Aspekte oder auch ablenkendes Vergnügen mal beiseite zu lassen. Dieser Tag darf allen Menschen als Gedenk- und Nachdenk-Tag dienen.

Uns Christen bietet er mit der Verknüpfung zur Geschichte Jesu einen Weg an, wie mit Leid umgehen. Und das ist keine Überflieger-Geschichte ... Kopf hoch und es wird schon weitergehen. Ostern ist kein vorprogrammiertes Resultat. Tod verschwindet nicht einfach. Die Toten der Anschläge oder die im Meer ertrunkenen Fliehenden, genauso wie die in unseren Familien Verstorbenen, werden uns auch nächstes Jahr noch fehlen. Die Geschichten von Leid und Schmerz werden nicht einfach weggewischt. Die Kartage sagen uns aber, dass Gott seinem Namen Ehre macht. Jahwe, der „Ich bin da“ er ist da ... an den Grenzen unserer Existenz, im Scheitern und im Tod. Das zeigt uns die Geschichte Jesu. Gott ist da! Wir dürfen uns dem Leid ruhig stellen, hinschauen, wahrnehmen und an uns heranlassen. Wir dürfen das Leid wagen ... weil wir nicht allein und vergessen sind. Das ist schon ohne Ostern und Auferstehung eine wichtige Botschaft. Das ist Trost und damit der Nährboden für Frieden. Damit kann die endlose Kette von Leid, das weitergegeben viele andere leiden macht, von Gewalt, die neue Gewalt produziert und von Tod, der immer wieder zum Tod führt zerbrochen werden. Dieser Jesus hat diese Kette zerbrochen, damit wir Gleiches tun können. Der Schlüssel dazu ist die Liebe. Liebe erträgt alles und überwindet alles.

Der Schritt zu Ostern ist dann nicht mehr weit. Gottes Liebe bleibt nicht bei Tod und Leid stehen. Er ruft zum Leben und sein Wort ist das letzte und endgültige. Ostern fordert unsere Hoffnung und unseren Glauben heraus. Ostern ist keine Sicherheit, sondern ein Moment des glaubenden Vertrauens.



Ganz gesegnete und tiefgehende Kar- und Ostertage wünsche ich euch allen.

Michael

... und jetzt

... da fehlt doch noch etwas! Das "und jetzt" braucht vielleicht ein Fragezeichen? Und jetzt? Wie geht es weiter nach unserem Treffen, Feiern und Nachdenken am 18. Oktober am Thierberg. Oder es könnte ein Doppelpunkt stehen! "Und jetzt:" ... jetzt geht etwas Neues los. Bleiben wir einfach mal bei dem "und jetzt" und lassen wir uns führen. Wir haben am letzten Samstag vom Vertrauen gesprochen. Vertrauen hat mit "vertraut-sein" zu tun.

Saint-Exupery schreibt in seinem Kleinen Prinzen: "Du bist verantwortlich für das, was du dir vertraut gemacht hast." Oder auch, du kannst nur leben, wenn du dich vertraut machst. Vertraut werden mit Gott geht nur über den Mitmenschen. Der Nächste ist derjenige, der Gott gegenwärtig und sichtbar macht. Vertraut werden mit Menschen die einfach da sind oder die von Not und Schwierigkeiten getroffen wurden, hier öffnet sich der Weg zu Gott, der Gemeinschaft ist und Leben und Solidarität. "Und jetzt" lädt uns ein unserem Leben und den vielen kleinen Dingen die wir so tagtäglich tun eine bewußtere und persönlichere Note zu geben.

"Und jetzt" werde ich versuchen uns von Zeit zu Zeit mit einem kleinen Impuls Anregungen für einen Weg des Vertrauens zu geben.

Michael

Und jetzt ... ist November! Wir leben eingebettet in Zeit und damit auch in die Jahreszeiten. Dem Jahresende entgegengehend sprechen wir gern auch von der „dunklen Zeit“. Darüber kann auch das noch fast sommerliche Wetter in diesen Wochen nicht hinwegtäuschen – die Tage werden kürzer und wir brauchen mehr künstliches Licht, um nicht wirklich im Dunkeln zu sitzen. Ob wir wollen oder nicht, da kommen auch Gedanken an Tod und Vergehen und die Fragen nach unserem Leben auf. Anfang dieses Monats sind wir auf keinen Fall darum herumgekommen! Friedhofsbesuche, Gräberpflege oder auch bewusste oder unbewusste Entscheidung mit dem allen nichts zu tun haben zu wollen. Die Fragen sind da!

Am Samstag am Friedhof bekam ich zur Begrüßung zu hören: „Wir sind hier an dem Punkt zusammengekommen, auf den das Leben eines jeden einzelnen hinführt!“ - Gräber! – Dabei brauchen wir Gräber gar nicht, um traurig zu sein oder jemanden oder etwas zu vermissen. Gräber sind mehr, sie sind Spuren des Lebens und Zeichen der Hoffnung, dass hier nicht alles zu Ende ist. Solche Gräber gibt es nicht nur auf Friedhöfen, sondern an allen Ecken und Kanten unseres alltäglichen Lebens ... Erinnerungen an Scheitern oder schwere Zeiten, geplatzte Hoffnungen, Enttäuschungen über jemanden oder Ereignisse. Der Gräber sind viele und wir versuchen sie zu verstecken oder zu verdrängen ... vielleicht reicht ja einmal im Jahr der Friedhofsbesuch?!?!?!

Ein Weg des Vertrauens beginnt nicht in guten Tagen, sondern im Dunkel, beginnt an den offenen Gräbern unserer Geschichte, dort wo sich Abgründe auftun. Sich mit dem eigenen Dunkel vertraut machen und dort voller Hoffnung anknüpfen. Jesus zeigt uns, dass Gott nicht nur in unseren lichten Momenten da ist, sondern gerade im Dunkel. Und er zeigt uns, dass es Auferstehung oder ein Aufstehen gibt. Wir sind eingeladen uns mit diesen Gedanken auf den Weg zu machen.

Wege des Vertrauens und Wege zu Vertrauen gehen weiter im Advent. Während das Kalenderjahr sich seinem Ende zuneigt, geht ein Kirchenjahr, ein Glaubensjahr neu los. Das Neue beginnt zuerst in uns, bevor es sich auch äußerlich bemerkbar macht. Wir kreisen nicht nur einfach in der Zeit, wir wachsen und verändern uns im Rundlauf der Jahre. Wir sind eingeladen in diesen Wochen etwas langsamer zu leben, neu auf Alltag und Menschen hinzuschauen. Es ist nicht alles so, wie es uns der erste Blick oder Gewohnheit oder Erfahrung erscheinen lassen wollen.

Die Farbe des Advent ist violett ... eine Mischung aus himmelblauen Lebensträumen und feuerroten Alltäglichkeiten. Violett ist das Aufbegehren des Lebens gegen alles, was Unleben ist, was vielfältige Formen von Tod hervorbringt.

Advent – voll Vertrauen das Neue entdecken, dem Leben neuen Raum geben.

Von guten Mächten treu und still umgeben,
Behütet und getröstet wunderbar,
So will ich diese Tage mit euch leben
Und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
Noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
Das Heil, für das du uns bereitet hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
Des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
Aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
An dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
Dann wolln wir des Vergangenen gedenken
Und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und still die Kerzen heute flammen,
Die du in unsre Dunkelheit gebracht.
Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

(Dietrich Bonhoeffer)

Weihnachten heißen wir das Fest der Liebe. Entsprechend viel Drumherum hat sich um dieses Fest angesammelt ... lieblich klingende Musik wohin man auch kommt, wohlige Düfte und versuchte heimelige Atmosphäre ... Wir versuchen uns Freude zu machen, indem wir Welt und so vieles, was uns Angst macht, ausschalten. Weihnachten hat nichts damit zu tun. Die Weihnachtsbotschaft ist nicht rührselig und nicht romantisch. Sie will auch nichts verschleiern. Sie lässt sich nicht als Dekoration für ein paar Tage oder Wochen missbrauchen.

Weihnachten – Gott spricht und er will ansprechen. Und dieses Wort ist so ernst gemeint, dass es ganz real und ganz Mensch wird. Es ist ein Wort ohne Hintertür und ohne Ausweichmöglichkeit. Er kommt als Wort, das Vertrauen wecken will, aus dem echte Freude wachsen kann und das Angst überwindet. Dieses Wort wird zu den Ärmsten der Armen, zu den Gescheiterten und vom Leben gezeichneten gesprochen.

Daran erinnern wir uns an Weihnachten und dieser Moment gibt damit der Zeit ihre Weihe und Bestimmung. Unser Feiern muss uns daran erinnern, dass wir dieses Wort empfangen haben und es jetzt tragen und weitergeben müssen. Der Apostel Paulus schreibt einmal einer Gemeinde, dass dieses Wort Gottes ihm die Freiheit nimmt. Er kann nicht mehr entscheiden, ob er will oder nicht, ob jetzt oder später. Er MUSS aus diesem Wort reden. Gottes Wort zwingt und lässt nicht mehr aus.

Dieses Wort ist in uns. Mein Wunsch für uns alle – dass es zum Klingen kommt und dass es uns handeln macht, damit daraus Wirklichkeit wird, die andere leben und froh sein lässt.

(Joh 1, 1-18)

Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt

1Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.

2Im Anfang war es bei Gott.

3Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.

4In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

5Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.

6Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.

7Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.

8Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.

9Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.

10Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.

11Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

12Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben,

13die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.

14Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

15Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.

16Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.

17Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.

18Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.



Ganz gesegnete und frohe Weih-Nacht

Ein gesegnetes und frohes Neues Jahr 2015!


In Gottes Namen fang ich an.
Denn Gott ist es, der helfen kann.

Wo Gott mir hilft, wird alles leicht.
Wo Gott nicht hilft, wird nichts erreicht.

Drum ist das Beste, was ich kann:
In Gottes Namen fang ich an.



Es ist gut, wenn man vertrauen kann, wenn man um Rückendeckung weiß. Im Namen eines anderen sprechen oder den anderen hinter mir wissen, das nimmt einen aus der Schusslinie des Lebens. Es trifft nicht alles sofort mich oder es wendet Schwierigkeiten sogar ab. Ich kann mich noch gut erinnern, wenn es beim Spielen auf der Straße Konflikt mit älteren Kindern oder schon Jugendlichen gab, dann war immer eines der Argumente: „Ich hole meinen großen Bruder“ – oder – „Ich hole meinen Vater!“ Das machte nicht immer Eindruck, aber veränderte doch irgendwie die Sachlage. Ich war nicht mehr allein.

In Gottes Namen beginnen, nicht allein sein in diesem neuen Jahr, vertrauen, dass ER hinter mir steht. Dies ist die ursprünglichste Bedeutung von Segen. Segen ist keine Magie, Segen bedeutet, da ist ein anderer bei mir, der schützt, der hilft, der für mich ist. Dieses neue Jahr soll in diesem Sinne für alle gesegnet sein!

Wir selbst sind aber auch berufen, Segen für andere zu sein ... solidarisch, verständnisvoll, vergebend, ermutigend ...

Ich wünsche allen einen guten und vertrauensvollen Start ins Jahr 2015 hinein!

Michael

Es war einmal...

Es war einmal ein junger Mann, der unternahm vor langer, langer Zeit eine Reise in den fernen Osten. Dort traf er eine junge Frau, in die er sich Hals über Kopf verliebte. Wie verzaubert kehrte er in seine Heimat zurück. Und er wusste ganz instinktiv, dass er sein ganzes Leben, ja seine ganze Zukunft fortan seiner Angebeteten zu Füßen legen wollte.

Es vergingen lange, qualvolle Wochen des Wartens, da kam aus dem fernen China der erste Brief der Geliebten an. Natürlich konnte unser Mann kein Wort dieser geheimnisvollen Zeichen entziffern, aber allein der Brief sagte ihm ganz deutlich, dass er unvergessen war und dass sie an ihn dachte.

Von einem Dolmetscher ließ er sich jedes Wort übersetzen und er erfuhr dabei, was er im Grunde bereits wusste: dass sie ihn nämlich genauso liebte wie er sie.

Unverzüglich machte er sich daran, ein Antwortschreiben zu verfassen. Aber es bedrückte ihn, dass er nur mittels eines Dolmetschers mit seiner Geliebten in Kontakt treten konnte. Deshalb beschloss er, Chinesisch zu lernen, um wirklich selber einen eigenhändigen Brief an seine Geliebte schicken zu können.

Er lernte jede freie Minute. Jedes Wort und jedes Zeichen dieser fremden Sprache sog er ungeduldig in sich auf, denn es erinnerte ihn ja an die junge Frau.

Als nach vielen Wochen der zweite Brief der Geliebten ankam, konnte er ihn schon beinahe selbst lesen. Es drängte ihn richtiggehend danach, jetzt die Antwort auch selber zu schreiben. Aber er fühlte sich noch nicht weit genug. Deshalb wartete er Woche um Woche mit seiner Antwort und lernte was er nur konnte.
Aber er je mehr er lernte, desto mehr hatte er das Gefühl, noch viel mehr lernen zu müssen. Er meinte, dass er die Sprache noch viel schlecht zu beherrschen würde, um wirklich das ausdrücken zu können, was er fühlte. Und so vergingen Monate und es vergingen Jahre.

Bald waren schon über sechs Jahre ins Land gezogen. Mittlerweile war der Mann ein Meister der chinesischen Sprachen geworden. Er war bewandert in der Kunst der asiatischen Lyrik und er kannte die Geschichte des fernöstlichen Denkens bis in alle Details. Er war inzwischen ausgestattet mit hervorragenden Zeugnissen, und besten Noten und er hatte großartige Aussichten auf den Erwerb eines akademischen Titels. Ja, es war sogar höchst wahrscheinlich, dass er demnächst einen Lehrstuhl in Chinakunde angeboten bekäme.

Nur seine Geliebte, die junge Frau von einst, an die dachte er immer weniger, ja eigentlich hatte er sie mittlerweile so gut wie vergessen. Und den Brief, den er immer schreiben wollte: er hatte ihn nie geschrieben.

Vielleicht geht es uns ähnlich! Wir unternehmen nicht die nächstliegenden Schritte, weil wir uns nicht blamieren wollen. Dabei wissen wir doch genau, was zu tun wäre ... Wir versuchen Gott zu lernen, statt an einer lebendigen Beziehung weiterzubauen ... wir träumen und reden vom Frieden, statt unsere Hand auszustrecken ... Das ist so ein bisschen wie bei den Schriftgelehrten im Neuen Testament. Die wussten alles von Gott, aber sie taten nichts. Autorität und Lebenskompetenz haben nur bedingt mit Wissen zu tun, vielmehr aber mit Vertrauen ... in sich selbst und andere und vor allem Gott.

Allen einen guten zweiten Monat in diesem noch jungen Jahr!

Michael..

Diesmal gilt ... "das ist alles nur geklaut, das ist alles gar nichts meins" ... ich hab die folgenden Gedanken bei der Sonntagsvorbereitung gefunden ...

Bei vielen Menschen scheint die Fastenzeit – oder wie sie liturgisch eigentlich richtig heißt: die österliche Bußzeit - beliebt:

als Zeit des Abnehmens und Entschlackens nach dem Winter,

als Zeit des Fitness-Trainings für einen gelingenden sportlichen Frühlingsstart.

Bei noch viel mehr Menschen spielt die Fastenzeit vermutlich gar keine Rolle.

Diese liturgisch geprägte Zeit hat für so manche Menschen genauso viel oder genauso wenig Kontur wie alle anderen Tage und Wochen im Jahr.

Auch unter treuen Kirchgängern ist die Fastenzeit mehrheitlich kaum mehr die radikale Zeit der Entbehrung, der Enthaltsamkeit und der Opfer.

Es gilt, den Sinn dieser Zeit neu zu entdecken und nach neuen Gestaltungsformen zu suchen. Der persönliche Weg kann ganz unterschiedlich sein. Eines jedoch bleibt: der Aufruf Jesu zur Umkehr und zum Glauben an das Evangelium. Jesus spricht von der Nähe des Gottesreiches. Dieser theologische Begriff steht dem nahe, was wir mit Glück und Erfüllung bezeichnen.Und wer von uns hat ihn nicht, den Traum vom großen Glück? In jedem Herz hat dieser Traum vielleicht andere Gesichter. Aber wahrscheinlich steckt er in uns allen. Es ist die ewige Sehnsucht von uns Menschen nach einem gelingenden Leben – nach einem unbeschwerten und sorgenfreien Leben in vollen Zügen, das mehr kennt als Mühe, Arbeit und Anstrengung. Ein Leben voller guter und wohltuender Erfahrungen – ohne Enttäuschungen. Der Traum vom großen Glück. Das hört sich an nach den sechs Richtigen im Lotto. Die große Chance, sein Leben so leben zu können, wie man das immer schon gern wollte. Die wesentliche Frage ist aber, wie tiefgründig oder oberflächlich ich von meinem Glück denke.

Die entscheidende Frage heißt dann: Was tust du dafür, dass dein Traum vom glücklichen Leben Wirklichkeit wird? „Träume sind Schäume“, sagt der Volksmund. „Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum“, sagt uns eine Lebensweisheit. Es geht also darum, was ich für mein Glück zu tun bereit bin. Am Beispiel vom Lotto-Sechser wird uns das schnell klar. Bevor dich das Losglück ereilt, musst du zumindest einen Lottoschein ausfüllen; ohne diese Investition geht es gar nicht. Welche Felder kreuzt du an? Wie viel ist dir die Sache wert? Entscheidend ist das, worauf du setzt. Mehr kannst du im Lottospiel nicht tun. Aber wenn du nicht einmal das machst, kannst du nie den großen Jackpot knacken.

Vielleicht kann uns dieser Gedanke helfen, die 40 Tage der Vorbereitung auf das Osterfest hin zu verstehen.

Österliche Bußzeit ist dann eine Chance für das Glück deines Lebens. Die kommende Zeit kann dir das Glück bescheren, mehr Tiefgang und Perspektive, mehr Sinn und Gottvertrauen im eigenen und gemeinsamen Leben zu entdecken; letztlich zu erfahren, dass dieses Reich Gottes, das uns Jesus im Evangelium verkündet, keine Schwärmerei und Träumerei ist, sondern spürbare Wirklichkeit, die sich in ganz unterschiedlichen Facetten erfahren lässt.

Spürbar wird diese Wirklichkeit immer von Mensch zu Mensch. Wenn nach Zeiten des Schweigens der Faden des Kontakts und des Gesprächs wieder aufgenommen wird – zum Beispiel, wenn nach Streit und Auseinandersetzung wieder Schritte der Versöhnung aufeinander zu folgen, wenn nach dem Kreisen um das eigene Ich sich der Blick einfühlend weitet auf das Du und das Wir.

Ähnlich wie beim Lotto-Glück braucht es auch dafür möglicherweise eine Grundvoraussetzung. Es ist die Entscheidung, worauf ich setze und was ich investiere in dieser 40-Tage-Zeit. Ohne Lottoschein bekanntlich kein Lottoglück, ohne Umkehr- und Wüstenzeit, ohne entsprechende Vorbereitungszeit kein Osterglück.

Es macht also Sinn, eine Entscheidung für das persönliche Leben, für die eigene Glaubenspflege zu treffen:

Was will ich in der Fastenzeit anders machen? Welche Akzente setze ich?

Worauf verzichte ich bewusst in dieser Zeit, was lasse ich bleiben?

„Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“, ruft uns Jesus heute zu.

Ganz bewusst steht dieser Aufruf am Beginn der Vorbereitungszeit auf Ostern. Sie ist eine Chance! Fastenzeit – das ist ein Unternehmen für Sucher nach Lebensglück und dessen Gewinn. Eine Zeit für uns alle, mutig und aktiv die persönliche Umkehr zu Gott hin zu wagen und der Botschaft Jesu zu trauen:

„Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist nahe!“

Alles Liebe

Michael

Der Schicksalshobel

„Das Schicksal setzt den Hobel an, und hobelt alle gleich.“ Das glaubt man gern, wenn Marlene Dietrichs sinnliche Stimme sich damit ins Ohr schmeichelt. Trotzdem ist es eine Lüge. Das Schicksal ist kein redlicher Schreiner, der die ungehobelten Unterschiede glättet.

Das Schicksal ist eher ein launischer Künstler. Es setzt das Messer an und schnitzt sehr unterschiedliche
Leben. Wenn es einen guten Tag hat, kommt eine wunderbare Form dabei raus. Aber wehe, das Schicksal hat einen schlechten Tag. Dann unterlaufen ihm
Schnitzer, die ein Leben verunstalten. Manche Lebensläufe kommen einem so vor, als hätte das Schicksal gleich zu Beginn die Lust verloren, etwas Gescheites daraus zu machen.

Es gibt nichts Ungerechteres als das Schicksal. Maximilian ist ein Wunschkind, sein Zimmer ist fertig ausgestattet, schon zwei Monate, bevor er zur Welt

kommt. Als er dann da ist, hegen und pflegen seine Eltern ihn. Kaum schreit er, nehmen sie ihn in die Arme und schaukeln ihn. Celina ist im Drogenrausch gezeugt. Vater unbekannt. Ihre Mutter hat die Schwangerschaft erst kurz vor der Geburt bemerkt – sagt sie. Die Kleine liegt oft stundenlang im eigenen Dreck und schreit vor Hunger. Wenn dem Freund ihrer Mutter die Geduld ausgeht, schüttelt er sie.

Schicksal, sagen manche. Man kann sich die Eltern eben nicht aussuchen und das Leben ist kein Wunschkonzert. Manche meinen sogar, das Schicksal sei von Gott geschickt. Ich glaube das nicht. Das stimmt eben so wenig wie der Satz, dass das Schicksal ein gerechter Gleichmacher ist. Das Schicksal ist nicht gottgewollt. Gott ist nach christlichem Glauben ein Schicksalswender. Er wendet die Geschicke. Christlicher Glaube ist darum nicht Schicksalsergebenheit, sondern Aufstand gegen das Schicksal.

In biblischen Worten: „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt.“ (Matthäus 11,5)

Wer das glaubt, wird sich nicht damit abfinden können, dass es Celina so grausam getroffen hat und wird helfen. Engagiert sich zum Beispiel in der Familienhilfe unseres Diakonischen Werkes. Die hier mitarbeiten, finden sich damit nicht ab. Sie leisten Schicksalskorrektur, oft unter schwierigsten Umständen. Ihr Engagement ist groß, aber die Mittel dafür sind oft viel zu knapp. Das Bundesverfassungsgericht hatte kürzlich über einen komplizierten Sorgerechtsfall zu entscheiden. Für das Urteil gab es gewiss gute Argumente. Die Richter formulierten darin aber auch eine Art Glaubensbekenntnis über das Leben überhaupt:

„Die Eltern und deren sozio-ökonomische Verhältnisse gehören grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes.“ – Der Kommentator der FAZ jubelte darüber: „Ein Satz der Bodenständigkeit, Gelassenheit und Vernunft.“ Denn: „Eltern sind Schicksal und Lebensrisiko ihrer Kinder - und sollen es bleiben. Das ist (...) ein höchstrichterliches Plädoyer für Tiefenentspannung. Man kann dafür nur dankbar sein.“ (1) Wie entspannt und mitleidlos Kinder ihrem Unheil überlassen werden! Prügel, Verwahrlosung, Schmutz, Armut? Pech gehabt, das ist eben das allgemeine Risiko, wenn Du geboren werden willst. Immer mehr verarmte und vernachlässigte Kinder? Schicksal! Kein Grund zur Aufregung. Das gesellschaftliche Gewissen darf sich tiefenentspannen.

Das Schicksal setzt den Hobel an und kratzt den Juckreiz weg, den die ungerechte Ungleichheit der Lebenslagen noch macht. Gewiss, kein Kind hat makellose Eltern, und es gibt kein Recht auf die perfekte Mutter, den idealen Vater und ein reiches Elternhaus. Aber es gibt ein Recht auf Hilfe, dem Schicksal der Gewalt und der Armut zu entkommen. Das ist nicht nur
christliche Glaubensüberzeugung, das ist Menschenrecht.

Silke Niemeyer, in „Kirche in WDR“

Liebe Grüße

Michael

Heute kann ich schon ganz viele Sommergrüße schreiben. Meteorologisch beginnt der Sommer mit dem 1. Tag des Monats, in den der astrologische (also der auf den Stand der Sonne bezogene) Sommeranfang liegt. Nach dem Frühjahr und dem neuen Erwachen des Lebens richtet sich der natürliche Blick jetzt auf die Früchte, die heranwachsen und reifen. Jetzt zeigt die Natur, was in ihr steckt.
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Unser geistliches, spirituelles Leben ist in diesen Lauf der Natur eingebettet. In den nächsten Monaten sind wir eingeladen, etwas tiefer hinzuschauen, wer dieser Gott wirklich ist ... Dreifaltigkeitsfest, Fronleichnam und auch das Fest der Verklärung. Gott offenbart sich selbst. Mir geht es jetzt nicht um eine wohlgefeilte Dogmatik, sondern mehr um die Art und Weise. Offenbarung geschieht im Dialog und durch Kommunikation. Gott teilt sich selbst mit. Und er lädt zum Lebensgespräch ein. Wahrheiten werden da nicht einfach hingestellt und dann muss jeder damit umgehen und irgendwie zurechtkommen. Gott hat Zeit und lässt uns Zeit, damit uns auf Zeit hin Leben klarer wird.
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Wir machen ja die Erfahrung, dass sich viele Situationen und Dinge im Leben nicht schnell und eindeutig lösen lassen. Wir sind eingeladen von diesem Gott zu lernen und im Gespräch zu bleiben, damit Klärungen reifen und geschehen können. Zeit ist dabei wie eine gute Freundin, die uns begleitet und immer wieder neue Gelegenheiten schafft. Bleiben wir also im Gespräch ...

Liebe Grüße für diesen Monat

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Ganz liebe Grüße und gute Ferien!

Michael

Ludwig van Beethoven wird als ein recht anstrengender Zeitgenosse des 19. Jahrhunderts beschrieben: jähzornig, ungeduldig, reizbar und vieles mehr. Dabei war er einer der größten Komponisten aller Zeiten. Was umso erstaunlicher ist, da er mit 26 Jahren langsam taub wurde. Im Alter von 32 Jahren schreibt er einen herzzerreißenden Brief an seine Brüder, die ihn nach seinem Tod lesen sollen. Es ist sein Testament. In diesem Brief gibt er seinen Brüdern Einblick in das für ihn unermessliche Leid, das ihn schlichtweg zerreißt.
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Er sehnt sich nach menschlicher Gesellschaft und flieht sie zugleich, weil er nicht hören kann, was die anderen hören. Das empfindet er als Schwäche, die ihn demütigt. Es bringt ihn an den Rand der Verzweiflung, sich in seinem so reizbaren Körper wahrnehmen zu müssen und mühsam Geduld zu erlernen. Vor der vollkommenen Verzweiflung schützt ihn sein Wissen, dass es in ihm noch so viel gibt, was danach verlangt, musikalischen Ausdruck zu finden. Und völlig taub schreibt er die größten musikalischen Werke.
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Beethoven, der für sein Umfeld so anstrengend war, schreibt in seinem Brief vom 6. Oktober 1802 etwas Bemerkenswertes: Er schreibt, dass Gott sein Inneres kennt und sieht, wie viel Gutes in ihm vorhanden ist. Und dann bittet er seine Brüder, nach seinem Tod seinen Krankheitszustand bekannt zu machen, damit die Menschen erkennen, wie sehr sie ihm unrecht getan haben. Aber er denkt auch an die anderen, denen es so ergeht wie ihm. Er schreibt: „... der unglückliche, er tröste sich, einen seines gleichen zu finden, der trotz allen Hindernissen der Natur, doch noch alles getan, was in seinem Vermögen stand, um in die Reihe würdiger Künstler und Menschen aufgenommen zu werden.“

Es ist schier unglaublich, was Beethoven ohne Gehör durch seine Musik zu Gehör bringt! Und was für eine Ermutigung für uns heute! Vielleicht verläuft unser Weg anders, als wir es uns gedacht und gewünscht haben. Doch es ist immer noch unser Leben und unser Weg.
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Und was darin liegt und sich entfalten will, braucht vielleicht gerade diese Bruchstellen in unserem Leben, um herauskommen zu können. Da, wo wir schwach sind, beginnt auch unsere Stärke.
Schon viele Jahre hindurch begleitet mich ein Wort des heiligen Paulus, das er damals an die Korinther schrieb:

„Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi. Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt“ (2 Kor 4,6-7).
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Der Blick auf das Leben des großen Komponisten kann eine Ausdeutung dieses Wortes und darin eine Ermutigung für uns sein: Zwar sind wir zerbrechliche Gefäße, doch tragen wir in uns einen überaus kostbaren Schatz an Leben, das nur durch uns in unserer konkreten Situation einen einzigartigen Ausdruck in dieser Welt finden kann. Vielleicht gewinnt unsere Lebenskunst keinen Weltruhm wie bei Beethoven, aber aus ihm strahlt der göttliche Glanz.

Sr. Ancilla Röttger.

Herzlich willkommen zurück im Alltag! – Für die meisten gehen in diesen Tagen die Ferien zu Ende und es geht gefühlt in die zweite Jahreshälfte, auch wenn die „echte Halbzeit“ schon einige Wochen zurück liegt. Ich fühle mich ein bisschen hin- und hergerissen. Es geht irgendwie nicht einfach in den Alltag und damit zur normalen Tagesordnung zurück.

An die Nachrichten von Kriegen und Katastrophen sind wir ja schon gewöhnt und es passiert das meiste weit weg von uns. Die letzten Tage haben dann aber die Situation verändert. „Der große Marsch“ (ein fiktiver Roman und Film aus den 80er Jahren desletzten Jahrhunderts) ist plötzlich zur Realität geworden. An diesem Wochenende waren die fast 10.000 Menschen auf unseren Straßen nicht mehr zu übersehen und ihre Schreie nicht mehr zu überhören. In wenigen Stunden ist ein Stück heile und geordnete Welt zerbrochen. Die eigenen tagtäglichen Sorgen, Schwierigkeiten und Konflikte werden da plötzlich irgendwie ganz klein angesichts von so viel Not.

Mir geht heute das Sonntagsevangelium von der Heilung des Taubstummen (Mk 7, 31-37) nahe. „Er hat alles gut gemacht!“ ... so die Reaktion – ein Wunder!

Gut, meine ich, gut ist doch eigentlich noch nichts! Trotz der Wunder der Evangelien und auch trotz so vieler gesammelter Wunder aus 2000 Jahre Geschichte des Christentums ist die Welt nicht heil oder gut. Oder? – Das Gute an dieser Geschichte ist für mich, dass dieser Mann neu Stellung zum Leben nehmen konnte ... zu dem, was er da jetzt hörte, mit einer Antwort über das wichtigste Medium menschlichen Lebens, die Sprache. Hier liegt für mich das Wunder! Und dieses Wunder ist tagtäglich wieder möglich, wenn wir Stellung nehmen, unsere Taubheit und Stummheit überwinden. Dann passiert Leben nicht einfach, sondern dann gestalten wir es.

Mit ganz lieben Grüßen

Michael

Ja,Zeit vergeht so schnell. Es sind schon wieder Monate vergangen, seit ich an dieser Stelle „zu Besuch“ war. Zeit vergeht, bedauerlich, aber es ist trotzdem immer wieder Zeit da. Es geht immer weiter. – In diesen Tagen begeben wir uns nun „freiwillig“ an die Grenze unserer Zeit. Totengedenken führt uns dahin, wo Zeit aufhört und damit eine ganz wesentliche Bedingung unseres Seins wegfällt. An diesem Punkt haben wir keinen Zugriff mehr. Da sind nur Trauer oder wehmütige Erinnerung und die Fragen nach dem Was und dem Warum.

Und nun?

Eine Lösung ist die Ansicht, dass mit dem Tod alles vorbei ist. Da geht dann nichts mehr. Mit dem Sterben enden alle Funktionen. Dieses Verständnis ist auf dem Vormarsch. Der Mensch zählt nur in seiner Funktion und als Funktion. Erfolg bedeutet gewinnen und haben. Das Totenhemd hat aber keine Taschen. Zugegeben, das ist eine etwas spitze und verkürzte Darstellung, aber in diese Richtung geht diese Denkweise.

Dann gibt es auch noch den Gedanken der Lebenskreise. Tod verliert seine Schärfe, weil es Wiedergeburt gibt, solange bis das Menschsein erfüllt ist, bis alles im Leben erledigt ist. Menschsein ist mehr als eine Funktion, Menschsein ist Erfüllung einer persönlichen Aufgabe.

Ein anderer Weg kann der sein, auf uns selbst zu schauen. Zu uns gehört die Neugier. Jede Grenze fordert Neugier heraus, sie zu überschreiten oder wenigstens hinüber zu schauen. Es gibt glaub ich niemanden, der nicht schon einmal Grenzen überschritten und übersprungen hat ... auf der Suche nach Anderem, aus Sehnsucht nach mehr Freiheit.

Neugier ist der Boden der Hoffnung, einer Hoffnung die nicht ein „es wird alles gut“ zum Inhalt hat, sondern die bestärkt, dass da ein Sinn ist, auch wenn es nicht gut erscheint ... denn Tod an sich ist nicht gut. Neugier in Richtung Zukunft ist Hoffnung und kann in der Rückschau zu Sinn werden.

Ich lese in diesen Tagen bei Gedenkfeiern am Friedhof das 43. Kapitel aus dem Buch des Propheten Jesaja als Rückschau auf menschliche Erfahrung und als Moment von Grenzerfahrung. Der Text ist ungefähr 2500 Jahre alt. Der Prophet er schaut auf die Zerstörung durch das Feuer der Kriege, die das einst „gelobte Land“ in Schutt und Asche gelegt haben und auf die Wasser des Jordanflusses, durch die große Teile des Volkes wie in einem umgekehrten Exodus deportiert und ins Exil geführt werden. Israel und Juda sind am Ende.

Es ist ein Punkt erreicht, der mehr als Grenze ist, ein Abgrund. Trauer und Verzweiflung allein bleiben übrig. Inmitten dieses tödlichen Chaos erinnert sich der Verfasser dieses Kapitels daran, dass die Geschichte seines Volkes eine Heilsgeschichte war. Durch viele Jahrhunderte hinweg hat ließ sich immer wieder Liebe, die Liebe Gottes, als stärker und dauerhafter erfahren, als alle Untergänge und Grenzen oder Abgründe. Diese Erfahrung macht Hoffnung! Gott bleibt seinem Wort treu: „Ich bin bei dir! Ich bin bei dir durch alles zerstörerische Feuer und Wasser hindurch, weil ich dich liebe!“

Ich bin sicher, bei genauem Hinblick auf die eigene Geschichte spiegelt sich diese über Jahrtausende gemachte Erfahrung auch im Leben eines jeden von uns wieder. Totengedenken in diesen Tagen ist mehr als ein Raum für Trauer. Totengedenken ist ein persönliches Bekenntnis zur Hoffnung und zur Liebe, die unser Menschsein trägt und ausmacht. Das Gedenken und Andenken - unser Weg zu mehr Menschlichkeit. „Gottes Liebe ist wie die Sonne, sie ist immer und überall da!“

Ein Gruß und Segen zum Neuen Jahr!

Mein Vorsatz ... regelmäßiger hier auftauchen. In der zweiten Jahreshälfte 2015 ist da der Rhythmus ein wenig verloren gegangen.

Die folgenden Gedanken habe ich gefunden ... nachdenkenswert!

Euch allen alles Liebe und Güte für dieses Jahr

Michael





Es ist noch ganz jung, das neue Jahr. Für viele ist heute der erste Arbeitstag nach einer kleinen Atempause über Weihnachten und Silvester. Zwölf Monate, 52 Wochen, noch 363 Tage liegen vor uns. Wie ein weites Feld breitet sich das Jahr aus. Was steht an im neuen Jahr? Haben Sie sich etwas vorgenommen?

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Den Urlaub vielleicht schon geplant oder sehen Sie einem Fest entgegen, vielleicht einem runden Geburtstag, der Hochzeit der Kinder oder gehen Sie in den Ruhestand? Für jeden und jede von uns wird das Jahr anders aussehen. Manche blicken mit großer Vorfreude auf die Zeit, die vor ihnen liegt. Für andere sieht das Jahr schon in den ersten Tagen aus wie ein unüberwindbarer Berg. Ein Berg von Arbeit, Verpflichtungen, ungelösten Problemen in der Partnerschaft oder mit Kollegen, die einfach mit ins neue Jahr gewandert sind. So manches ist unsicher und nicht kalkulierbar, etliches hat man nicht selbst in der Hand. Und so kommt eins zum anderen und das Jahr erscheint nicht weit und schön, sondern eng und vollgepackt. Für die eine heißt es: Der Beruf fordert mich ganz.

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Mit immer weniger Menschen soll man immer mehr tun. Dazu will ich Zeit für Familie und Freunde haben. Ich engagiere mich ehrenamtlich für eine Flüchtlingsfamilie, will etwas für die eigene Gesundheit tun. Die Pflege eines Angehörigen fordert mich mit Leib und Seele. Ein anderer sorgt sich: Werde ich in diesem Jahr endlich eine feste Anstellung finden? Können wir in der Wohnung bleiben? Die Ungewissheit macht mich krank.

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Solche und andere Gedanken tauchen zu Beginn eines Jahres auf und viele denken: Das sind ein paar Baustellen zu viel. O Gott, wie soll ich das nur schaffen? Zu groß und zu unüberschaubar ist, was sich da ausbreitet. Was tun?

In einem Buch von Michael Ende begegnet das Mädchen Momo eines Tages dem Straßenkehrer Beppo. Der erzählt Momo ein Geheimnis:



„Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man. Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt.

Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du?

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Man muss immer nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.

Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. Das ist wichtig.“ (1)

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Diesem Geheimnis möchte ich im neuen Jahr auf die Spur kommen und mich nicht schrecken lassen von dem, was auf mich zukommt. Die Kurzatmigkeit gegen einen langen Atem eintauschen, Gelassenheit einüben und Gott bitten, mir Kraft zu geben und mich die Kunst der kleinen Schritte zu lehren. (2)

Annette Krüger,





(1) Michael Ende: Momo, 4. Aufl. 2015, S. 41-42

(2) nach: Antoine de Saint Exupery gefunden in www.pilgernetz.com/antoine-de-saint-exu.html